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Prof. Dr. Ana Maria Primavesi
LIFETIME ACHIEVEMENT AWARD 2012

Prof. Dr. Ana Maria Primavesi kam am 3. Oktober 1920 in der Steiermark/Österreich auf die Welt. Sie besuchte die Hochschule für Bodenkultur in Wien, wo sie den Sudetendeutschen Dr. Artur v. Primavesi kennen und lieben lernte. Sie heirateten 1946 und wanderten 1949 nach Brasilien aus, da er wie viele zu dieser Zeit, von russischer Seite zwangsenteignet wurde.

In Brasilien verdiente die Familie Primavesi (drei Kinder) ihren Lebensunterhalt in der Landwirtschaft. Ana begann schon früh praktische und sehr begehrte Handbücher zu schreiben, z.B. über Bodenerosionskontrolle. 1955 wurde ihnen die unmögliche erscheinende Herausforderung gestellt, auf einem stark sauren und ausgelaugten Boden den ersten Qualitätsweizen Brasiliens zu erzeugen. Dank harter Arbeit und einem konsequent angewandten Paket von innovativen und biologischen Bodenverbesserungsmaßnahmen gelang dies nach drei Jahren.

Das Erfolgsrezept lag in der Steigerung des Humusgehalts im Boden, vor allem durch den Anbau von diversen Zwischenfrüchten. Damit erreichten sie ein vielfältiges Bodenleben und einen ausgeglichenen Wasser-, Nährstoff- und Temperaturhaushalt. 1960 wurden Ana und Artur von der Bundesuniversität Santa Maria im Bundestaat Rio Grande do Sul eingeladen, wo sie bald ein weltbekanntes Bodeninstitut einrichteten und betrieben. 1968 organisierten Ana und Artur den zweiten Lateinamerikanischen Biologischen Bodenkongress. Anschließend etablierten sie den ersten Nachdiplomkurs für biodynamisch-ökologische Bodenpflege in Brasilien.

Die Gabe, Menschen auf eine liebenswürdige Art zu inspirieren

Ana Primavesi hat 94 wissenschaftliche Artikel in brasilianischen und internationalen Zeitschriften veröffentlicht. Darüber hinaus ist sie die Autorin von elf Fachbüchern und trug zu zahlreichen anderen Publikationen bei. Besonders hervorzuheben ist ihr Buch “Ökologische Bodenbearbeitung” (Manejo ecológico do solo), mit dem sie die tropische ökologische Landwirtschaft in Lateinamerika revolutionierte. Es basiert auf dem Gedankengang, dass ein gesunder Boden Voraussetzung für gesunde Pflanzen und diese wiederum für einen gesunden Menschen sind. Sie engagiert sich dabei für ein Bodenmanagement, das auf einer reichen organischen Substanz beruht, das den Boden mit einer Vielfalt von Pflanzen bedeckt, das einen guten Windschutz bietet und eine gute Bewurzelung erreicht. Ihr Anliegen ist die (Wieder-)Herstellung des Gleichgewichtes von Boden, Bodenleben, Pflanze, Tier und Mensch. Aber auch die kleinbäuerliche Struktur und die bewirtschaftenden Menschen und ihre Kultur sind Ana stets ein Anliegen.

An einer Vielzahl von Universitäten, an Kongressen und in Ausbildungseinrichtungen hat sie weltweit über 500 Seminare und Lehrgänge gegeben und ihr Publikum begeistert. Sie hielt an ihren Grundsätzen in Lehre und Praxis fest, regenerierte Land zur Produktion von Lebensmitteln und setzte sich auch kritisch mit der Praxis des Bio- Landbaus auseinander. Sie blieb immer der konsequenten und kompromisslosen Anwendung der agro-ökologischen Prinzipien treu und zeigte auch, wie sich diese umsetzen ließ.

Ana Primavesi war an der Gründung mehrerer Verbände wie der Agricultura Orgânica do Brasil (AAO) oder dem Movimento Agro-Ecológico da América Latina (MAELA) beteiligt. Sie war auch engagiert, die Verbindungen der Lateinamerikaner zum IFOAM Büro zu intensivieren. Bis heute ist Ana sehr aktiv geblieben und teilt ihr reiches Wissen im Alter von 92 Jahren mit Kompetenz und Engagement auch in den neuen Medien wie Internetblogs, auf YouTube oder im 2012 erschienenen Dokumentarfilm „Good Food – Bad Food“.

Ana ist Ehrenmitglied zahlreicher ökologischer Bewegungen und ist mit vielen Auszeichnungen bedacht worden, u.a. mit dem Preis des brasilianischen Landwirtschaftsministeriums. MAELA hat sogar ihren Preis, der alle zwei Jahre vergeben wird, Ana Primavesi genannt.

Ana Maria Primavesi wird nicht nur wegen ihres reichen Wissens und wegen ihrer klugen Ratschläge hoch geschätzt. Sie hat die Gabe, Menschen auf eine liebenswürdige Art zu inspirieren und zu begeistern. Sie hat während ihres reichen Lebens durch innovative Ideen, durch ihre entschlossenen Taten und sinnreichen Erklärungen die Biobewegung in ganz Lateinamerika stark mitgeprägt. Sie gehört damit zu den Pionieren des Biolandbaus weltweit.